Gesamteindruck
Ausstattung
Qualität
Preis/Leistung
Die DI-Box für echte Songwriter
Snorre vom Meer am 02.07.2022
Für den Portaflex PF-20T habe ich mich erst auf Umwegen entschieden. Schon früh bekam ich von Musik Produktiv den Tipp, war aber zunächst sehr skeptisch. Das Gerät sah mir doch etwas zu merkwürdig aus, ich wollte lieber was für's Rack haben oder ein richtiges großes Ding zum Angeben. Außerdem suche ich immer zuerst nach Produkten aus Europa oder den USA und nur, wenn ich da nicht fündig werde, greife ich auf China zurück. Das hat auch wenig mit der Qualität der Produkte zu tun, sondern ist ein Prinzip. Für eine Aufnahme hatte ich mir daher zunächst bei einer anderen Firma den kleinen EICH bestellt, der übrigens wirklich gut klingt, aber eben auch so neutral, dass man ihn durchaus weglassen kann, dafür aber leider schon bei geringen Gain-Einstellungen clippt. Ich schicke ganz selten etwas zurück, aber der EICH und ich passten nicht zusammen. Ich spiele einen mexikanischen Fender P-Bass mit Flatwound-Saiten und produziere Songs, die man als "Folk-Rock" und "Chansons" bezeichnen kann. Also musste was her, was ein wenig mehr Vintage-Charakter hat. Es gingen einige Mails hin und her und so landete ich schließlich doch bei dem kleinen Ampeg. Hier möchte ich einmal ganz ausdrücklich die Kundenberatung bei Musik Produktiv loben. Manchmal dauert es zwar zwei Tage, bis eine Mail beantwortet wird, die Antworten sind aber immer brauchbar und es entstehen echte kleine Gespräche. Der Portaflex PF-20T erinnert im Design an den B-15, also jenes Gerät aus den Sechzigerjahren, mit denen Carol Kaye angeblich "Scarborough Fair" eingespielt hat. Das Gerät ist unförmig, irre schwer und man hat immer Angst, es fallen zu lassen - es liegt doof in der Hand, aber man trägt es ja auch nicht jeden Tag hin und her. Das Design stammt aus einer Zeit, als Dinge noch futuristisch und abgefahren aussehen durften. Es könnte auch in der ersten Staffel von Star Trek irgendwo in Spocks Zimmer stehen. Im Betrieb summt das Gerät dann doch auffällig, das Geräusch ist aber nicht auf dem DI-Ausgang. Davon hat man zwei: Einen für die Vorstufe und einen, der das komplette Gerät durchläuft. Für meine Aufnahmen benutze ich bis jetzt nur die Vorstufe. Die beiden Röhren machen eine schöne satte, warme Färbung. Wie weit das Gerät an das Original herankommt, kann ich nicht beurteilen. Am auffälligsten hörbar im EQ ist die Bass-Anhebung. Bei den Mitten ist man etwas eingeschränkt und ich ärgere mich beinahe, dass ich nicht auf das größere Gerät (PF-50T) gewartete habe, bei dem man die Mitten sortieren kann. Aber Limitierung ist auch eine Aufgabe. Der zweite DI-Ausgang färbt deutlicher (zwei weitere, aber andere Röhren), klingt aber erstmal nicht besonders warm, sondern verleiht dem Instrument eher einen metallischen Klang in Richtung Badewanne. Hier zerrt der Amp auch schnell und entwickelt einen deutlichen Overdrive. Also für eine rockige Nummer oder einen dreckigen Blues vermutlich brauchbar. Der Hauptnachteil des Amps ist sein Design. Muss man mögen, sonst nervt das Ding. Es steht irgendwie immer im Weg rum, im Moment auf meinem Schreibtisch und nicht im Musikzimmer. Übrigens wird der Amp auch sehr heiß. Insgesamt bin ich aber zufrieden! Wer eine altmodische Bass-Spielweise hat wie ich und etwas sucht, um Gitarrensongs oder Klavierballaden mit Bass anzureichen, findet hier das passende Gerät: Funktioniert und klingt nach Erdbeer!